Die süddeutsche Zeitung schreibt:

Schauspiel nach Sepp Bierbichler

Schwarz allein reicht nicht

Anta Helena Reckes "Mittelreich" an den Kammerspielen

Von Eva-Elisabeth Fischer

Blutleer war sie, Anna-Sophie Mahlers Inszenierung von "Mittelreich". Josef Bierbichlers saft- und kraftstrotzende Dramatisierung seines lebenssatt in einem Roman ausgemalten, 100 Jahre umfassenden Bauern-Geschichts- und Geschichtentableaus, ging nun, knapp ein Jahr später abermals als Premiere deklariert, in der Besetzung mit ausschließlich farbigen Darstellern noch einmal über die Bühne des Schauspielhauses ...

... Recke erklärt die Hautfarbe wortreich zum Politikum der Aufführung ...

... Dass man über die Farbschattierungen der Darsteller nachdenkt, hat mit zweierlei zu tun: Einerseits stellt sich ziemlich schnell heraus, dass deren Hautfarbe für das Bühnengeschehen völlig irrelevant ist. Denn eine ähnliche Familiensaga um Schuld, Verdrängung, Missbrauch, Flüchtlingsproblematik und Erbstreitigkeiten wäre, vom oberbayerischen Lokalkolorit, das von Mahler und folglich auch von Recke in ihrer 1:1-Einstudierung sorgfältig wegretuschiert wurde, einmal abgesehen, wohl überall vorstellbar. Vor allem aber krankt diese Aufführung an den Akteuren, weshalb sich eigentlich jede weitere Diskussion erübrigt. Es gibt immerhin zwei Ausnahmen: den hochgewachsenen, kantigen Victor Asamoah, der über eine enorme physische Präsenz verfügt und das bereits im Bierbichler'schen Original verballhornte Schlesisch seines aus Kattowitz geflohenen Faktotums Viktor erheiternd zu nachdenklichem Brummen verkürzt. Und Yosemeh Adjei, der das zwittrige Fräulein Zwittau zur schrägen Drag Queen stilisiert...

Süddeutsche Zeitung vom 14.10.2017